In einer der Agama-Sutras, Buddhas frühe Predigten, ist eine sehr interessante Geschichte zu finden. Es war einmal ein Mann der vier Ehefrauen hatte. Gemäß dem gesellschaftlichen System und den Umständen des alten Indiens war es einem Mann möglich mehrere Ehefrauen zu haben. Während der Heian-Zeit in Japan vor ungefähr eintausend Jahren war es zudem nicht ungewöhnlich für eine Frau mehrere Ehemänner zu haben.
Der Inder war erkrankt und stand kurz davor zu sterben. Als sich sein Leben dem Ende zuneigte, fühlte er sich einsam und so bat er seine erste Ehefrau, ihn in die andere Welt zu begleiten.
"Meine liebe Frau," sagte er, "Ich habe dich Tag und Nacht geliebt, ich habe mich mein Leben lang um dich gekümmert. Begleitest du mich bitte, jetzt wo ich bald sterben werde, wohin auch immer ich nach meinem Tod gehe?"
Er erwartete, dass sie ja sagen würde. Doch sie antwortete, "Mein lieber Gemahl, ich weiß, dass du mich immer geliebt hast. Und du wirst bald sterben. Der Zeitpunkt ist gekommen, um mich von dir zu trennen. Lebewohl, mein Teuerster."
Er rief seine zweite Ehefrau zu sich an sein Krankenbett und flehte sie an, ihm im Tode zu folgen. Er sagte, "Meine teure zweite Frau, du weist, wie ich dich liebte. Manchmal hatte ich Angst, dass du mich verlassen könntest, doch ich hielt mit aller Kraft an dir fest. Meine Liebe, bitte komme mit mir."
Die zweite Ehefrau äußerte sich eher kühl. "Lieber Gemahl, deine erste Frau weigerte sich, dich nach deinem Tode zu begleiten. Wie kann ich dir da folgen? Du liebtest mich nur um deiner eigenen Selbstsucht willen."
In seinem Sterbebett liegend rief er nach seiner dritten Ehefrau und bat sie, ihm zu folgen. Die dritte Ehefrau antwortete mit von Tränen erfüllten Augen, "Mein Teuerster, ich bemitleide dich und fühle mit dir. Daher werde ich dich bis zum Grabe begleiten. Das ist meine letzte Pflicht dir gegenüber." Die dritte Ehefrau weigerte sich also ebenfalls, ihm in den Tod zu folgen.
Drei Frauen hatten abgelehnt, ihm nach seinem Tod zu folgen. Nun erinnerte er sich, dass es eine weiter Frau, seine vierte Ehefrau gab, um die er sich nicht sehr kümmerte. Er hatte sie wie eine Sklavin behandelt und ihr immer großen Unmut entgegengebracht. Jetzt glaubte er, dass sie bestimmt nein sagen würde, wenn er sie bitten würde, ihm in den Tod zu folgen.
Doch seine Einsamkeit und seine Angst waren so stark, dass er sich dazu überwand sie zu bitten, ihn in die andere Welt zu begleiten. Die vierte Frau nahm die Bitte ihres Ehemanns freudig an.
"Mein lieber Gemahl," sagte sie, "ich werde dich begleiten. Was auch immer geschieht, ich bin dazu entschlossen auf ewig bei dir zu sein. Ich kann nicht von dir getrennt sein."
Das ist die Geschichte des Mannes und seiner vier Ehefrauen … Gautama Buddha beendete die Geschichte wie folgt:
Jeder Mann und jede Frau hat vier Ehefrauen bzw. Ehemänner. Wofür stehen diese Ehefrauen?
Die Erste Ehefrau
Die erste "Ehefrau" ist unser Körper. Wir lieben unseren Körper Tag und Nacht. Am Morgen waschen wir unser Gesicht und ziehen Kleidung und Schuhe an. Wir kümmern uns um unseren Körper, wie um die erste Ehefrau in dieser Geschichte. Doch unglücklicherweise kann uns unser Körper, die erste "Ehefrau", am Ende unseres Lebens nicht in die nächste Welt folgen. Wie es in einem Kommentar ausgeführt wird, "Wenn der letzte Atemzug unseren Körper verlässt, verändert sich die gesunde Farbe unseres Gesichts und wir verlieren die Erscheinung strahlenden Lebens. Unsere Liebsten mögen sich um uns versammeln und wehklagen, doch ist dies vergeblich. Bei einem solchen Ereignis wird der Körper auf ein offenes Feld gebracht und verbrannt, so dass nur weiße Asche übrig bleibt." Das ist die Bestimmung unseres Körpers.
Die Zweite Ehefrau
Was ist die Bedeutung der zweiten Ehefrau? Die zweite "Ehefrau" steht für unseren Reichtum, unsere materiellen Dinge, Geld, Besitz, Ruhm, Stellung und unsere Arbeit, die zu erlangen wir uns so viel Mühe gegeben haben. Wir hängen an diesen materiellen Besitztümern. Wir fürchten darum, diese materiellen Dinge zu verlieren und wünschen uns, noch viel mehr zu besitzen. Es gibt keine Grenze. Am Ende unseres Lebens können uns diese Dinge nicht in den Tod folgen. Welche Reichtümer wir auch immer angehäuft haben, wir müssen sie zurücklassen. Wir haben dieses Leben mit leeren Händen betreten. Während unseres Lebens in dieser Welt haben wir die Illusion, dass wir Reichtum erlangt haben. Zum Zeitpunkt unseres Todes sind unsere Hände leer. Wir können nach unserem Tod nicht an unserem Reichtum festhalten, ebenso wie die zweite Ehefrau ihrem Gemahl sagte: "Du hältst mit deiner egozentrischen Selbstsucht an mir fest. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um Lebewohl zu sagen."
Die Dritte Ehefrau
Wofür steht die dritte Ehefrau? Jeder hat eine dritte "Ehefrau". Sie ist die Beziehung zu unseren Eltern, unserer Schwester und unserem Bruder, allen unseren Angehörigen, Freunden und der Gesellschaft. Sie werden lediglich bis zum Friedhof mitgehen, mit Tränen in ihren Augen. Sie sind mitfühlend und betrübt ...
Folglich können wir uns nicht auf unseren materiellen Körper, unseren Reichtum und unsere Gesellschaft verlassen. Wir werden einsam geboren und wir sterben einsam. Niemand wird uns nach unserem Tod begleiten.
Die Vierte Ehefrau
Sakyamuni* Buddha erwähnte die vierte Ehefrau, die bereit war, ihren Gemahl nach seinem Tod zu begleiten. Was bedeutet das? Die vierte "Ehefrau" ist unser Geist [oder Alaya, Bewusstsein]. Wenn wir genau hinsehen und erkennen, dass unser Geist voll Wut, Habsucht und Unzufriedenheit ist, erhalten wir einen guten Blick auf unser Leben. Die Wut, Habsucht und Unzufriedenheit sind Karma, das Gesetz von Kausalität. Wir können nicht von unserem eigenen Karma getrennt werden. Ebenso wie die vierte Ehefrau ihrem sterbenden Mann sagte, "Ich werde dir folgen, wohin auch immer du gehst."
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(Source|Quelle: Stony Brook University
Transl.|Übers.: Nicolas von Kospoth)
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* Śākyamuni: "Der Weise [aus dem Volk] der Shakya"
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